Abschlussbericht zur 43. Rheinlandmeisterschaft 2022 in Nickenich

Alexander Thieme-Garmann ist neuer Rheinlandmeister

43. Rheinlandmeisterschaft vom 9.-10. und 14.-16. April 2022 in Nickenich

• Entscheidung in der Schlussrunde: Alexander Thieme-Garmann gewinnt das A-Turnier und ist neuer Rheinlandmeister
• Sabrina Ley wird zum zweiten Mal Rheinlandmeisterin
• Dr. Wolfgang Polster ist neuer Rheinlandmeister der Senioren
• Lokalmatador Lukas Hesch gewinnt das B-Turnier
• IM Yuri Boidman gewinnt souverän das Hauptturnier
• FM Dr. Thomas Bohn zum 15. Mal Rheinland-Blitzmeister
• Insgesamt 99 Teilnehmer, plus 64 beim Blitzen in fünf spannenden Turnieren bei der Fortführung der Rheinlandmeisterschaft nach zwei Jahren Corona-bedingter Pause

Für die Schachfreunde Nickenich war es ein großes Anliegen, nach zwei Jahren Corona-bedingter Pause eine Fortführung der traditionellen Rheinlandmeisterschaft zu ermöglichen. Ohne sie hätte es auch in diesem Jahr keine Rheinlandmeisterschaft gegeben. Insgesamt 99 Schachfreunde ergriffen die Gelegenheit zum Wiederanfang beim Spiel am Brett und lieferten sich in den 5 Turnieren außerordentlich spannende Wettkämpfe, bei denen aber auch ganz besonders in diesem Jahr die großartige, freundschaftliche Atmosphäre in der Pellenzhalle in Nickenich spürbar war.

A-Meisterturnier

Alexander Thieme-Garmann ist nach spannendem Finale neuer Rheinlandmeister

Seine beste Platzierung bisher war der Vizemeister-Titel bei der Rheinlandmeisterschaft 2007 an gleicher Stelle in Nickenich: Seit 18 Jahren, seit 2004 spielt Alexander Thieme-Garmann im A-Turnier der Rheinlandmeister­schaft; nur einmal unterbrochen im Jahr 2017, in dem er ins B-Turnier abgestiegen war. Dass er die Meisterschaft auch gewinnen kann, hat er nun bewiesen: Als einziger ohne Niederlage, hatte der Koblenzer in dem recht aus­geglichenen Feld am Ende die Nase vorn vor dem punkt­gleichen Benjamin Uhl aus Bitburg.
Die Entscheidung fiel in der Schlussrunde. Bis dahin hatte sich Benjamin Uhl mit drei Siegen gegen Dr. Max Gebhardt, Thomas Schwab und Christian Fink ½ Punkt Vorsprung vor Alexander Thieme-Garmann erspielt: Der hatte nach seinem Sieg zum Auftakt gegen den Titelver­teidiger Christian Fink zunächst vier Remis folgen lassen, und kam erst mit einem Sieg gegen Thomas Schwab in der 6. Runde wieder heran. In der Schlussrunde hatte Bemjamin Uhl allerdings in Dr. Ralf Schön, den zweifachen Rheinlandmeister der Jahre 2000 und 2007 einen harten Gegner. Durch zwei Ungenauigkeiten des Bitburger Schachfreunds ausgangs der Eröffnung errang Dr. Ralf Schön entscheidenden Angriff, dem sich Benjamin Uhl letztlich ergeben musste. Worauf Alexander Thieme-Garmann ein Remis in guter Stellung gegen Michael Reifenröther genügte, um nach Punkten gleichzuziehen und die Meisterschaft dank der besseren Sonneborn-Berger Fein­wertung für sich zu entscheiden.
Dr. Ralf Schön krönte mit seinem Sieg in der Schlussrunde eine überragende zweite Turnierhälfte mit 2½ Punkten aus drei Partien, womit er den dritten Platz in der Abschluss­tabelle errang. Vor dem punktgleichen Titelvertei­diger aus dem Jahr 2019 Christian Fink, der das kompromissloseste Spiel zeigte: Seinen drei Siegen standen diesmal aber die Niederlagen gegen die beiden Führenden gegenüber, was eine bessere Platzierung verhinderte.

Die Abschlusstabelle des A-Meisterturniers:

B-Meisterturnier

Entscheidung in der Schlussrunde: Shooting Star Lukas Hesch ist Turniersieger

Vor der letzten Runde waren es nur noch zwei Schach­freunde, die das Turnier gewinnen konnten: Es führte Dr. Boris Damke mit vier Siegen und zwei Remis; ½ Punkt zurück lag Lukas Hesch, der ein Remis mehr abgegeben hatte. Mit seinem Sieg in der entscheidenden Schluss­runden-Partie der beiden Führenden machte der Lokal­matador Lukas Hesch die wohl größte Über­raschung dieser Meisterschaft perfekt und gewann das B-Turnier. Ein großartiger Erfolg des Nickenicher Jugend­lichen, der zudem mit 186 DWZ-Punkten Zugewinn belohnt wurde.
Alexander Ries gewann alle drei Partien der zweiten Turnierhälfte und konnte so am Ende zu Dr. Boris Damke aufschließen: Punktgleich, mit gleicher Sonneborn-Berger Feinwertung und auch gleich in der Anzahl ihrer Siege teilen sich die beiden den zweiten Platz in der Abschluss­tabelle.
Kay Schönberger lag nach der ersten Turnierhälfte mit 3 Punkten aus 4 Partien noch punktgleich mit Lukas Hesch und Dr. Boris Damke an der Tabellenspitze. Am Gründonnerstag und Karfreitag musste er sich aber den beiden Nickenicher Schachfreunden Lukas Hesch und Alexander Ries geschlagen geben, womit er aus dem Rennen um den Turniersieg raus war.

Die Abschlusstabelle des B-Meisterturniers:

Senioren-Einzelmeisterschaft

Dr. Wolfgang Polster ist neuer Rheinlandmeister der Senioren

Einen außergewöhnlich spannenden Wettkampf lieferten sich die Schachfreunde in der Meisterschaft der Senioren. Sehr ausgeglichen in der Spitze als auch von der Spielstärke her, war die Meisterschaft so stark wie wohl noch nie zuvor eine SVR-Seniorenmeisterschaft besucht. Die fünf Besten wiesen einen Turnierwertungs­zahlen-Durchschnitt von ELO/DWZ 2060 auf – was die Sportsfreunde der unteren Hälfte schon mal verzweifeln ließ ob der übermächtigen Gegner. Die machten es außergewöhnlich spannend: Zwei Runden vor Schluss lagen die 5 DWZ-Topfavoriten mit jeweils 3½ Punkten alle gleichauf.
Erst in der Vorschlussrunde konnten sich zwei Schach­freunde um ½ Punkt an der Spitze absetzen: Jürgen Kaster schlug Uwe Reichert und Dr. Wolfgang Polster gewann gegen Ludwig Jung, während sich Hans-Jürgen Fleuch und Ulrich Christoffel Remis trennten.
In der Finalrunde hatte dann Dr. Wolfgang Polster frühzeitig mit seinem zweiten Sieg in Folge gegen Alexander Melnikov vorgelegt und Jürgen Kaster in Zugzwang gebracht: Der brauchte gegen Dr. Wolfgang Steger nun ebenfalls einen Sieg, um gleichzuziehen und die Chancen auf die Meisterschaft nach Feinwertung zu wahren. Der Nickenicher Sportsfreund aber hielt dagegen, und als die zweitlängste Partie des Tages nach fast 6 Stunden Spielzeit letztlich friedlich mit Remis endete, stand der Turniersieg für Dr. Wolfgang Polster bei seiner ersten Teilnahme an der Meisterschaft der Senioren fest.
Zum mittlerweile vierten Mal blieb dem SVR-Ehrenvorsitzenden Jürgen Kaster „nur" der zweite Platz, womit er weiter auf seinen ersten Titelgewinn bei einer Rheinlandmeisterschaft warten muss.

Die Abschlusstabelle der Senioren-Einzelmeisterschaft nach 7 Runden Schweizer System:

Hauptturnier

IM Yuri Boidman gewinnt souverän

Mit insgesamt 71 Teilnehmern war das Hauptturnier fast so gut besucht wie bei der Rekord­beteiligung in Reil im Jahr 2011. Wie immer war das Feld kunterbunt gemischt, Damen und Herren, Jugend und Senioren spielten gemeinsam in dem großen Turnier. Besonders auffallend waren in Nickenich auch außergewöhnlich viele Teilnehmer aus anderen Regional- oder auch Landesverbänden am Start.
Sportlich wurde das Turnier eine sichere Beute des Topfavoriten IM Yuri Boidman, der nach 6 Siegen gegen seine härtesten Konkurrenten in der Schlussrunde gegen Matteo Metzdorf zum Turniersieg remisierte. Spannender war da schon das Verfolgerduell, das letztlich der Mainzer Paul Perske auf Platz 2 mit einem Sieg in der Schlussrunde gegen Friedhelm Schneider gewann. Er hatte sich nur IM Boidman in Runde 5 geschlagen geben müssen. Auf den Plätzen drei und sechs folgt die Leverkusener Schachfamilie Schmitz, die sich wie alle bei der Meisterschaft in Nickenich sehr wohl gefühlt und ihren Aufenthalt in der Pellenz noch um einige Tage Urlaub verlängert hat.
Die Riege der Schachfreunde mit 5 Punkten führt der Trierer U15-Jugendliche Matteo Metzdorf an, der die zweitbeste Buchholz-Feinwertung von allen Teilnehmern aufweist, was auf stärkste Gegnerschaft hinweist. Bereits drei Tage später stand für ihn die Rheinland-Pfalz Jugend­meisterschaft U16 an, in der er eine Runde vor Schluss alleine an der Spitze stand. Überhaupt war auch die Jugend mit insgesamt 20 Jungs und Mädels zahlreich vertreten. Für manche war es ihr allererstes Turnier; andere hatten aber auch bereits eine achtbare Spielstärke vorzuweisen. Den Jugendpreis U14 gewann Edgard Zhuikov mit beachtlichen 5 Punkten, den U12 Preis Tamila Trunz mit 3½, beide vom Godesberger SK. Den U10 Preis heimste Mick Jussak aus der Nickenicher Schachjugend mit 2 Punkten ein.

Die Abschlusstabelle des Hauptturniers nach der 7. Runde:

Damen-Einzelmeisterschaft

Sabrina Ley zum zweiten Mal Rheinlandmeisterin

Rheinlandmeisterin als bestplatzierte SVR-Spielerin im Hauptturnier wurde Sabrina Ley, die damit ihren Erfolg aus dem Jahr 2013 wiederholte. In den Meisterschaften zwischendurch hatte sie sich der Damen-Konkurrenz „entzogen", da sie es vorzog, im MA- oder B-Turnier zu spielen. Diesmal war sie am ersten Turniertag zu einer Hochzeitsfeier eingeladen und musste die ersten beiden Runden aussetzen, weshalb ein Start im Rundenturnier nicht in Frage kam. Ganz auf die Meisterschaft zu verzichten war dagegen nie eine Option! Es kam dennoch schlimmer für sie als erwartet; denn der Turnierleiter Thomas Hönig hatte sie irrtümlich am 2. Tag erst zur Nachmittags-Runde erwar­tet und zur dritten Runde nicht mit in die Auslosung genom­men. Sabrina musste es wohl oder übel verschmerzen, gewann trotzdem alle ihre Partien und so die SVR-Damenwertung souverän vor Christina Marx und Christina Daub.

Blitz-Einzelmeisterschaft

Dr. Thomas Bohn zum 15. Mal Rheinland-Blitzmeister

Auch die Blitzmeisterschaft am Karfreitag Nachmittag war gewohnt stark besetzt –kaum einer der Top-Favoriten fehlte zum Wiederanfang nach zwei Jahren Corona-Pause. Die große Erwartung und Spielfreude war vielen Teilnehmern schon zu Beginn anzumerken. Später war natürlich auch insbesondere in der A-Endrunde der Ehrgeiz auf eine Top-Platzierung mit im  Spiel: Keine große Überraschung, dass am Ende die Zweitliga-Spieler des SV Koblenz und des SC Heimbach-Weis/Neuwied die ersten sechs Plätze belegten. Und letztlich war unter den Top­favoriten auch die alte „Hackordnung" wiederhergestellt: Mit dem überragenden Ergebnis von 13 Siegen und zwei Remis sicherte sich Dr. Thomas Bohn zum 15. Mal den Rheinland­meister-Titel im Blitz: Das ist jetzt schon ein Rekord für die Ewigkeit – aber wer weiß, was da noch kommt?
Weiterhin fällt auf: Es ist schon ein echter Coup der Spieler des SV Koblenz, dass sie in diesem Jahr drei der vier Rheinlandmeister-Titel für ihren Verein einheimsten. Nur die Rheinland­meisterin fehlt in ihrer „Sammlung".

Blitz-Einzelmeisterschaft Endrunde A

Fazit

Dass die Rheinlandmeisterschaft nach zwei Jahren Corona-bedingter Pause überhaupt wieder stattfin­den konnte, war keineswegs selbstverständlich. Zu Beginn der Planungen im November des Vorjahres war völlig unklar, wie die Pandemie-Lage in diesem Frühjahr sein würde. Zudem stand ein neuer Lockdown Ende November bereits bevor; der Spielbetrieb in der Rheinlandliga war daraufhin für fast vier Monate unterbrochen. Alleine die SF Nickenich hielten mit großem Willen daran  fest, eine Fortführung der Meisterschaft in der Karwoche für die Schachfreunde im SVR möglich zu machen.

Am Ende erwies sich die Meisterschaft als allumfassender Gewinn: Insbesondere für 99 teilnehmende Schachfreunde, sowie 64 beim Blitzen, die mit großer Begeisterung wieder an den Brettern waren. Selbstverständlich unter den notwendigen Corona-Vorsichtsmaßnahmen, wie Kontrolle der Impfnachweise vor dem Eintritt zu den Turnier-Räumlichkeiten, als auch Corona-Test für nicht-geimpfte Schachfreunde. Die Abstände im Spielsaal waren gewahrt, großmeisterlich die Spielbedingungen: Jedes Brett hatte einen eigenen Tisch, mit jeweils 2 Meter Abstand zum Nebenbrett.

Konkrete Krankheitsfälle gab es keine. Ein Schachfreund aus dem Hauptturnier war zur zweiten Turnierhälfte ohne Angabe von Gründen zurückgetreten. Ein weiterer Nickenicher Junior blieb ab der 5. Runde zu Hause, weil seine Mutter Corona-positiv war; obwohl er selbst negativ getestet war. Man darf sicherlich feststellen: durch das Zusammentreffen beim Turnier bedingte Corona-Erkrankungen gab es keine. Das trägt gewiss mit dazu bei, weshalb die Meisterschaft in Nickenich zu einem solch großen, freudigen Erfolg wurde.

Beileibe nicht jeder Verein muss es so perfekt vorbereiten und durchführen wie die SF Nickenich. Mit hervorragenden Spielbedingungen für die Teilnehmer, mit Live-Übertragung der Partien der Meisterturniere ins Internet und in den Spiegelsaal, der als Analyse- und Speiseraum hergerichtet war. Die Pellenzhalle mit dem Spiegelsaal bietet einfach die perfekten Räumlich­keiten für eine größere Meisterschaft. Und die SF Nickenich machen es mit ihrem vereinsinternen Zusammenstehen, und der Bereitschaft zur Mithilfe so vieler ihrer Mitglieder möglich, für und mit der größeren Schachfamilie im Rheinland und Umgebung gemeinsam etwas zu bewegen. Gewiss darf dabei auch behauptet werden: der Vorsitzende Jens Wohde treibt das auch an, geht mit gutem Beispiel voran und zieht seine Schachfreunde mit. Für den guten Geist im Verein, wie auch zum Gewinn für die Schachfreunde im Rheinland.

Ist die Pandemie nun besiegt? – Man weiß es nicht. Dass die Rückkehr zu einer gewissen „Normalität" auch in der Schachfamilie möglich ist, hat die Meisterschaft in Nickenich zweifellos bewiesen.

Thomas Hönig, Spielleiter SVR

• Abschlussbericht als PDF
• Fotos (Teil 1)
• Fotos (Teil 2)
• Ergebnisse (chess-results.com)
• Schachpartien vom Meisterturnier A und B (lichess.org)